Es gibt sie noch, die Unerschrockenen, die Kämpfer, die „Mahner in der Wüste“ – oder besser gesagt, die Bürgerinitiativen gegen SuedLink. Nach wie vor stellen sie sich gegen den Bau dieser gigantischen HGÜ-Leitung mit einer Übertragungsleistung von 4 Gigawatt, die gerne als Hauptschlagader der Energiewende bezeichnet wird, um die Akzeptanz in der Bevölkerung für ein Infrastrukturprojekt zu erhöhen, das vorrangig für den Stromhandel im europäischen Verbundnetz gebaut werden soll.
Im Rahmen der Bundesfachplanung waren zahlreiche Stellungnahmen zu den SuedLink-Unterlagen (§8 NABEG) bei der Bundesnetzagentur eingereicht worden. Dass einen Tag nach Ablauf der letzten Einwendungsfrist bereits Termine für die ersten Erörterungstermine genannt wurden, lässt den Eindruck entstehen, dass bei der Bundesbehörde Entscheidungen schon lange im Vorfeld der Konsultation gefallen waren und so die Einwände aus der Öffentlichkeitsbeteiligung ohne nennenswerte Berücksichtigung bzw. Bewertung bleiben werden.

Stellvertretend für alle SuedLink-Protestbewegungen will nun die Bürgerinitiative Werra-Meißner-gegen-SuedLink per Rad die ca. 520 km lange Trasse von der Elbquerung im Norden bis nach Bergrheinfeld, dem südlichen Endpunkt der HGÜ-Leitung in Bayern, abfahren und damit erneut ein Zeichen gegen SuedLink setzen. Stephan Schulz und sein Team stellen sich dieser sportlichen Herausforderung, um die Öffentlichkeit erneut auf dieses gigantische Infrastrukturprojekt aufmerksam zu machen, das (nicht nur) ihrer Meinung nach zu einer Gefahr für intakte Ökosysteme wird. Flüsse werden unterbohrt, Wohngebiete ohne Mindestabstand gequert, Dörfer durch den Trassenverlauf geteilt. Zuwegungen für den Schwerlasttransport der tonnenschweren Kabeltrommeln müssen gebaut werden und auch Natur- und Wasserschutzgebiete sind von Baumaßnahmen betroffen. Was in den Augen der Übertragungsnetzbetreiber weder Hindernis noch Probleme darstellt, kann für viele Betroffene entlang der SuedLink-Trasse zu einer existentiellen Bedrohung werden.
Der Bundesverband der Bürgerinitiativen gegen SuedLink unterstützt die Radtour-Aktion, denn betroffene Kommunen und Bürger wehren sich gleichermaßen gegen eine Trassenplanung, die schon im Vorfeld erahnen lässt, dass viele Hektar Wald, fruchtbares Ackerland und funktionierende Ökosysteme einem Infrastrukturprojekt zum Opfer fallen werden, dessen Sinnhaftigkeit auch vor dem Hintergrund der zunehmenden europäischen bzw. weltweiten Krisenherde und der damit verbundenen Instabilität bisher verlässlicher wirtschaftlicher Partnerschaften infrage zu stellen ist.
Begleitet vom Beifall zahlreicher Bürgerinitiativen entlang der Trasse von Schleswig-Holstein über Niedersachsen, Hessen, Thüringen bis nach Bayern, fordern die sportlichen SuedLink-Gegner aus dem Werra-Meißner-Kreis die Einleitung geeigneter politischer Maßnahmen, damit die Energiewende tatsächlich gelingen kann.
Stromleitungen können Energie nur örtlich verschieben und es ist nicht zielführend, für jede Kilowattstunde ein neues Kabel verlegen zu wollen. Eine 320 – bzw. 525 kV – Höchststromübertragungsleitung wie SuedLink müsste zusätzlich durch das bestehende Verteilnetz abgesichert werden, was einen weiteren massiven Netzausbau bedeuten würde. Wer SuedLink akzeptiert, darf sich nicht wundern, wenn bald ein Strommast von 80m Höhe vor der eigenen Haustür steht. Bundeswirtschaftsminister Altmaier hat ehrgeizige Stromnetz-Pläne und die zuständigen Übertragungsnetzbetreiber haben bereits den Entwurf eines Netzentwicklungsplans in der Schublade, der mit bisher geschätzten Kosten von bis zu 68 Milliarden Euro zu Buche schlägt. Eine klimaneutrale Energieversorgung auf Basis erneuerbarer Energien kann jedoch nur durch den Einsatz von Speichertechnologien gelingen. Diese gilt es zu fördern und auszubauen, damit Energie künftig zeitlich und bedarfsgerecht abgerufen werden kann.
Der Bundesverband der Bürgerinitiativen gegen SuedLink fordert von den politisch Verantwortlichen seit Jahren ein Zielsystem der Energiewende und dementsprechend ein Klimaschutz- und Energiewendekonzept, das von Wirtschaft und Bevölkerung gleichermaßen akzeptiert werden kann. Doch dies setzt voraus, dass kurzfristige Gewinnmaximierung nicht vor Umweltschutz gestellt wird.