Mit dem Positionspapier für die Unterlagen nach § 8 NABEG hat die Bundesnetzagentur den zuständigen Übertragungsnetzbetreibern bereits vor Einreichen der Antragsunterlagen und dem offiziellen Verfahren der Bundesfachplanung erneut signalisiert, welche Erwartungen an eine sorgfältige Planung gestellt werden, um weitere finanzielle Risiken (siehe u.a. auch mangelhafte Antragsunterlagen bei ursprünglicher Freileitungstrasse) zu vermeiden und folgerichtig eine notwendige Prüftiefe schon zu Beginn der Bundesfachplanung einzufordern. In diesem Zusammenhang sollten wir das Methodenpapier auch mit Blick auf den Bericht des Bundesrechnungshofes vom 21.12.2016 betrachten.
Stellungnahme des Bundesverbandes der Bürgerinitiativen gegen SuedLink zu: „Positionspapier der Bundesnetzagentur für die Unterlagen nach § 8 NABEG“
Positionspapier im Sinne eines Pflichtenheftes
Wir haben erkannt, dass das Positionspapier der BNetzA als verbindlicher Arbeitsauftrag an die Übertragungsnetzbetreiber zu verstehen ist. Durch eindeutige Forderungen und klare Definitionen muss den ÜNB verdeutlicht werden, dass ein Planungsspielraum nur im Sinne dieses „Leitplankendokumentes“ gegeben ist.
Die Ergebnisse aus bereits vollzogenen Konsultationen müssen im aktuellen Positionspapier erkennbar fortgeschrieben werden. Auch eine Bewertung unserer früheren Stellungnahmen bedarf einer referenzierten, transparenten und sachbezogenen Rückmeldung.
Ziel ist ein eindeutiges Pflichtenheft als prüffähige und ergebnisorientierte Handlungsanweisung an die ÜNB.
Fokus zu stark auf Freileitungsausnahmen gerichtet
Die Suche nach geeigneten Trassenkorridoren für SuedLink muss sich ausschließlich an einer Ausführung als Erdkabel-Leitung orientieren, ein Planen in die Ausnahme wird nicht akzeptiert werden. Vordergründig erscheint uns im Positionspapier der Fokus zu stark auf Freileitungsausnahmen gelegt zu sein. ÜNB könnten hier die Ausnahme Freileitung zur Regel machen, mit der Interpretationsfreiheit: Planen in die Ausnahme als etablierte Ausnahmenplanung.
Die Akzeptanz in der Bevölkerung für den Netzausbau wurde nur durch den gesetzlichen Erdkabelvorrang erhöht, daher muss eine verbindliche Festlegung für die ÜNB bereits im frühen Planungsstadium stattfinden. Gegenteilige Entscheidungen im späteren Planfeststellungsverfahren sind bei einer sorgfältigen Planung vermeidbar und wären einer bewussten Irreführung der Bevölkerung im Beteiligungsverfahren gleichzusetzen.
Bündelung „neu denken“ mit Blick auf Sektorenkopplung
ÜNB und BNetzA haben gleichermaßen bestätigt, dass Bündelungsoptionen mit bestehenden Hoch- und Höchstspannungsfreileitungen auch als Erdverkabelung in Betracht kommen werden. Diese Aussagen müssen sich verschriftlicht auch im Positionspapier wiederfinden. Verbindliche Abstandsregelungen für Freileitungen hinsichtlich der Bebauung, das Einhalten von Strahlenschutz-Grenzwerten und notwendige Sanierungs- und Verstärkungsmaßnahmen bestehender Netzinfrastrukturen sind als Kriterien erst recht für einen Rückbau bestehender Freileitungen zu betrachten.
Die Kopplung der Strom-, Gas-, Wärme- und Mobilitätsinfrastruktur muss hingegen im Hinblick auf ein integriertes Energiesystem der Zukunft durch die BNetzA (als mögliche „Bundesenergieagentur“) bei allen Netzplanungen berücksichtigt werden.
Wir fordern daher den Grundsatz der Sektorenkopplung im Methodenpapier als Bündelungsoption zu verankern. Dies gilt auch für Szenariorahmen und künftige Netzentwicklungspläne.
Eine verantwortungsvolle Netzplanung bedeutet, die schnelle Marktintegration von Speichertechnologien, die Nutzung der vorhandenen Gasinfrastruktur als Speichermedium (P2G) und den Ausbau des Stromnetzes (als Erdkabel) an die regionalen- und dezentralen Erzeugungs- und Verbrauchsstrukturen für die Energiewende anzupassen.
Dies ermöglicht eine zukunftsorientierte Umstellung der Energieleitungssysteme – volkswirtschaftlich sinnvoll, dem Zielsystem der Energiewende im Einklang mit den Vorgaben des Bundesrechnungshofes folgend, industrie- und sozialpolitisch als Chance für mehr Wachstum und Beschäftigung.
Regelbauweise
Im Verständnis der Sektorenkoppelung ist es notwendig, verschiedene Grundsätze der Bündelung auch unter dem Aspekt der Technikoffenheit zu überdenken. Dies gilt besonders für die Erdkabelverlegung nach der „Herrenknecht-Methode“. Eine zusätzliche Bohrung direkt neben den Stromleitungen (technisch möglich!), ausgestattet mit den gleichen Leerrohren, könnte eine P2G-Gasleitung führen. An den jeweiligen Muffenstellen des Stromkabels könnten dann Zu-/Ableitungen zur regionalen P2G-Versorgung ermöglicht werden. Den Perspektiven der Energiewende, nämlich regionale, dezentrale Energieversorgung und Nutzung regionaler, logistischer Grundstrukturen wird hiermit in hervorragender Weise Rechnung getragen.
In der Betrachtung der anzuwendenden Methode zur Erdkabelverlegung ist es unsinnig, als Regelbauweise die offene Grabenverlegung vorzuschreiben vor allem im Hinblick auf die derzeitigen Ergebnisse des Amprion-/Herrenknecht-Pilotprojektes. Eine erhebliche Anzahl von Vorteilen dieser Verlegemethode ist derzeit erkennbar. Dies bedeutet, den Begriff der Regelbauweise zu streichen und den ÜNB ins Pflichtenheft zu schreiben, dass die vorzulegenden Anträge den Einsatz der zu verwendenden Verlegemethode alternativ beschreiben müssen.
Kosten/Nutzen allgemein
Eine seriöse Kostenabschätzung für Erdkabel-Leitungen ist zurzeit nicht möglich und wenn über die Bezahlbarkeit der Energiewende gesprochen wird, sollte man fairerweise auch immer Subventionen, Förderprogramme, Steuern und Folgekosten für Altlasten der Atom- und Kohleindustrie in die Diskussion einbeziehen (siehe auch BRH-Bericht vom 21.12.2016). Da der Bau des SuedLink als PCI auch im Interesse unserer europäischen (Atom- und Kohle-) Nachbarn liegt, sollte diese Blickweise nicht vernachlässigt werden.
Durch unsere Konsultation des Positionspapiers der BNetzA, das letztendlich nur die Rahmenbedingungen für den Erdkabel-Stromnetzausbau verbindlich regeln soll, sehen wir auch eine Chance, den Unterschied zwischen der notwendigen Energie-Übertragungsfunktion im Sinne der Energiewende und im Gegensatz dazu dem SuedLink als Stromhandelsleitung zu verdeutlichen.
Abschließend möchten wir – wie in allen unseren Stellungnahmen – klarstellen, dass wir im Bundesverband der Bürgerinitiativen gegen SuedLink die Notwendigkeit von Gleichstrom-Vorhaben in der Ausführung einer Punkt-zu-Punkt-Verbindung definitiv nicht sehen.
Mit der Veröffentlichung unserer Stellungnahme sind wir einverstanden.
Fulda, 2017-02-10