Der aktuelle Bericht des Bundesrechnungshofes verdient unsere vollste Aufmerksamkeit, denn es ist höchst erstaunlich mit welcher Präzision und Tiefe hier eine oberste Bundesbehörde (dem Rang eines Ministeriums gleichgestellt) die Arbeit des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWi) kritisiert.
Der Bericht des Bundesrechnungshofes unterstützt unsere Forderungen nach einem „Zielsystem der Energiewende“
Nur wenige Themen polarisieren derzeit so stark wie die Energiewende. Ein sicheres Anzeichen dafür, dass sich die Energiepolitik in Deutschland auf dem Scheideweg befindet. Akteure unterschiedlichster Gruppierungen aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft beziehen Stellung und auch wenn die Energiewende befürwortet wird, bei der konkreten Umsetzung gehen die Meinungen völlig auseinander. In einem Wirrwarr an sich ständig ändernden Gesetzesvorgaben, Förderprogrammen, neuen technischen Entwicklungen und lobbygesteuerten Begehrlichkeiten verliert man zusehends den Überblick. Das Zielsystem für eine erfolgreiche Energiewende wird dabei immer weiter in den Hintergrund gedrängt. Genau hier setzt die Kritik des Bundesrechnungshofes (BRH) an und ist wegweisend für den eigentlichen Auftrag an die Politik und insbesondere an das Wirtschaftsministerium. Unter dem Blickwinkel von Versorgungssicherheit, Bezahlbarkeit und Umweltverträglichkeit der Energiewende werden Missstände aufgezeigt und zu Recht Ergebnisse eingefordert. Der Bericht des BRH ist eine schallende Ohrfeige für die Arbeit der Bundesregierung und hier speziell des zuständigen BMWi bei der Umsetzung der Energiewende. Die Kritik wird in wesentlichen Punkten zusammengefasst:
- Es gibt keinen Überblick über die finanziellen Auswirkungen der Energiewende
- Die organisatorische Umsetzung der Energiewende ist nicht nachvollziehbar
- Die Koordinierung zwischen den einzelnen Ressorts und den Ländern bei der Umsetzung der Energiewende ist unzureichend
- Die Ziele der Energiewende sind nicht ausreichend definiert
- Das Fördercontrolling im BMWi ist unzureichend organisiert
Das BMWi sieht sich auf Weisung des Kanzleramtes als federführendes Ministerium bei der Umsetzung der Energiewende und steht somit auch in der Verantwortung, die Energiepolitik Deutschlands ressortübergreifend zukunftsfähig zu gestalten. Dass nun durch den Rückzug von Sigmar Gabriel das Bundeswirtschaftsministerium von Brigitte Zypries übergangsweise geleitet wird, darf nicht zur Folge haben, dass die Forderungen des BRHs im anstehenden Wahlkampf untergehen.
Die Arbeitsschwerpunkte von Frau Zypries als Parlamentarische Staatssekretärin im Wirtschaftsministerium lagen nicht im Bereich Energie, Förderung Erneuerbarer Energien oder der zielgerechten Umsetzung der Energiewende. Aus dem Führungswechsel im Ministerium könnte aber dennoch die Chance erwachsen, endlich ein tragfähiges Projekt- und Prozessmanagement für die Energiewende als gesamtstaatliche Aufgabe einzuleiten.
Der Bericht des Bundesrechnungshofes unterstützt unsere Forderung nach einer Bundesenergieagentur, die dem Status des BRHs als oberste Bundesbehörde gleichgestellt ist. Obwohl die Zahl der Beschäftigten in den an der Energiewende beteiligten Bundesministerien extrem gestiegen ist, ist keine umfängliche Koordinierung der Ressorts erfolgt. Der BRH stellt die Frage nach Verantwortung, nach Sinnhaftigkeit von Fördermaßnahmen und Erfolgskontrolle, nach Weiterentwicklung und länderübergreifender Zusammenarbeit. Das BMWi ist offensichtlich an dieser Aufgabe gescheitert!
Die Energiewende ist richtig und durch die Endlichkeit unserer Ressourcen auch die einzige Möglichkeit, im Sinne des Umwelt-, Klima- und Naturschutzes unsere Welt für nachfolgende Generationen lebenswert zu erhalten. Wer davor die Augen verschließt, handelt unsozial und unverantwortlich.
HGÜ-Leitungen wie der SuedLink verursachen Kosten in Milliardenhöhe und sind den Anforderungen an die Energieversorgung der Zukunft nicht gewachsen. Die Erzeugerstrukturen – gerade mit Blick auf Sektorenkopplung – müssen weniger zentralistisch, sondern deutlich mehr dezentral und regional ausgerichtet sein, unter Einbeziehung der Speichertechnologien.
Die Bezahlbarkeit der Energiewende tritt spätestens dann in den Hintergrund, wenn man die Kosten der Atom- und Kohleverstromung gegenrechnet, inklusive Folgekosten, Subventionen und Steuern für konventionelle Kraftwerke. Die Umweltauswirkungen der großen HGÜ-Leitungen sind schwer abschätzbar und ein Entschädigungspoker wie er gerade in Bayern losgetreten wird, ist kontraproduktiv.
Versorgungssicherheit, Bezahlbarkeit und Umweltschutz liegen an erster Stelle der Beurteilung der Energiewende durch den Bundesrechnungshof. Weitere wichtige Punkte dürfen in der Betrachtung nicht fehlen und daher sind wir jederzeit diskussions- und gesprächsbereit, um substanzielle Ergänzungen einzubringen. Wir möchten die Akzeptanz für eine umwelt- und bürgerfreundliche Energiewende stärken, die großen HGÜ-Leitungen gehören nicht dazu.
Energieerzeugung, Transport, Speicherung, Verbrauch und letztendlich Bezahlbarkeit in einen verantwortungsvollen Konsens zu bringen, sollte die vorrangige Aufgabe einer koordinierenden und verantwortungsbewussten Schaltzentrale sein. Da die Bundesnetzagentur bereits heute den sicheren Betrieb der Strom- und Gasnetze in Deutschland verantwortlich regelt, könnte sie hierbei als Bundesenergieagentur eine entscheidende Rolle für die Energiewende einnehmen.