Konsultation zum Entwurf des Szenariorahmens 2019 – 2030 der ÜNB

Der BBgS hat seine Stellungnahme zum aktuellen Entwurf des Szenariorahmens (2019 – 2030) fristgerecht abgegeben. Vorrangig anhand des Fragenkataloges der Bundesnetzagentur (BNetzA) haben wir die aus unserer Sicht notwendigen Rahmenbedingungen zur Erstellung des künftigen Netzentwicklungsplans dargelegt. Für vertiefende Gespräche und Erläuterungen hinsichtlich unserer Vorstellung, wie die Stromnetzplanung in Deutschland sinnvoll und bürgerfreundlich gestaltet werden kann, werden wir der Behörde weiterhin zur Verfügung stehen. Um die verbindlichen Klimaschutzziele zu erreichen und die Energiewende erfolgreich umzusetzen, ist die Verknüpfung aller Energiesektoren zwingend erforderlich. Einem Zielsystem der Energiewende folgend, zeigt unsere Stellungnahme auf, welche Voraussetzungen geschaffen werden müssen, um den Stromnetzausbau für die Integration der erneuerbaren Energien erfolgreich umzusetzen. Gigantische HGÜ-Punkt-zu-Punkt-Verbindungen sind dabei nicht vorgesehen.

 Konsultation zum Entwurf des Szenariorahmens 2019 – 2030 der ÜNB

(>>DOWNLOAD<<)

Vorwort

Im Rahmen der Öffentlichkeitsbeteiligung zum Entwurf des Szenariorahmens 2019 -2030 der Übertragungsnetzbetreiber nehmen wir als BBgS an der Konsultation teil.

Die Grundlagen für unsere Stellungnahme sind:

  • der Entwurf der ÜNB
  • das Begleitdokument der BNetzA
  • der Workshop der BNetzA zum Szenariorahmen.

Einleitung

Um den Hintergrund unserer Konsultationsbeiträge zu erläutern möchten wir das Umfeld unseres Handelns darstellen. Obwohl wir als Bundesverband der Bürgerinitiativen gegen SuedLink (BBgS) dem Inhalt und Namen nach gegen die derzeitigen HGÜ-Leitungen sind, und obwohl es derzeit kein offizielles Zielsystem der Energiewende mit planungsverwertbaren Zielen und Teilzielen gibt, stehen wir vehement zur Energiewende.

Dieses tun wir mit einem erheblichen Maß an Engagement und organisatorischem und elektro-technischem Sachverstand. Für die Antworten zu Ihren Fragen möchten wir unsere Randbedingungen, unter denen wir Ihnen geantwortet haben darstellen.

Wir gehen dabei beispielhaft von einer fünfköpfigen Familie aus, wohnhaft in einem kleinen Einfamilienhaus mit Einliegerwohnung in Stadtrandlage. Zum Fuhrpark der Familie gehört u.a. ein Diesel-PKW, ein kleines Elektro-Auto und zwei E-Bikes. Der Energiebedarf dieser durchaus durchschnittlichen Familie beläuft sich im Jahr auf:

  • 44.000 kWh für Wärme/Warmwasser (Gas)
  •   4.000 kWh für Strom
  •   4.000 kWh für Strom für das E-Auto
  •   8.000 kWh für den Diesel-PKW (umgerechnet)

In Summe etwa 60.000 kWh im Jahr.

Mit dem Hintergrund dieses Energiebedarfs gehen wir also in die Konsultation des Szenariorahmens.

Man erkennt hierbei die jeweiligen Energieanteile und ihren Stellenwert zur individuellen Sektorenkopplung. Ferner erkennt man, dass die notwendige Energie, die ins Haus geleitet werden soll, die bestehenden Stromleitungen an die Grenze der Belastungsfähigkeit bringt.

In diesem Sinne:

Zu „Einleitung“ – Frage der BNetzA:

1. Wie stehen Sie dazu, dass durch eine Erhöhung der Anzahl und Variation bestimmter Input-Parameter zwar die Gestaltung der Szenarien optimiert, aber die Erkenntnis über die Auswirkungen einzelner Inputparameter für den Netzausbau erschwert wird?

Grundsätzlich gilt:
Nicht ausschließlich die Quantität von Parametern, sondern hauptsächlich die Qualität von Parametern hilft, mathematische Modelle und Prognosen für komplexe Vorhaben zu erstellen. Die Ableitung von Parametern muss aus einem Zielsystem erfolgen. Die zeitliche Zuordnung und Nutzung von Parametern zur Erreichung von Ziel und Teilzielen hilft bei der Erstellung von Modellvarianten. Die Auswahl von Eingangsparametern und die Erarbeitung von Parametervariationen und Modellvarianten ist in verschiedenen CD&E-Vorhaben (CD&E = Concept Development and Experimentation) anderer Ressorts zu Modellbildung und Simulation mehrfach erfolgreich erprobt und angewendet.

Für den vorliegenden Fall gilt:
Die Auswahl von Parametern zur Prognose des Netzausbaus ist Bestandteil des Zielsystems der Energiewende. Die zu erreichenden Teilziele sind

  • Energieerzeugung
  • Energiespeicherung
  • Energietransport
  • Energienutzung und
  • Energiekosten

Netzausbau in diesem Sinne bedeutet also eine gemeinsame Betrachtung von Stromnetzen, Gasnetzen und Wärmenetzen. Mit Blick auf das derzeit größte CD&E-Vorhaben dieser Republik, die Energiewende, müssen also die Parameter zur Modellbildung und Simulation hinsichtlich Quantität und Qualität ausgewählt werden. U.E. werden deshalb eher mehr als weniger Parameter nötig sein.

Wir fordern in diesem Sinne

> die vertiefende Erarbeitung des Zielsystems der Energiewende,
> ein gemeinsames Konzept für Strom, Gas und Wärme unter Berücksichtigung der Sektorenkopplung,
> die Erarbeitung einer Modellbildung und Simulation Top Down und Bottom Up hierzu,
> die Offenlegung der benötigten Parameter.

Dabei wäre es sehr hilfreich, wenn die BNetzA als Bundesoberbehörde diese Abläufe ihrer Obersten Bundesbehörde, also ihrem zuständigen Ministerium vorlegen würden, um den jeweiligen Entscheidungsträgern die Möglichkeit zu geben, die derzeitige Gesetzeslage zu überarbeiten.

Zu „Konventionelle Erzeugung I“ – Fragen der BNetzA:

2. Sind Sie mit der Ermittlung der technisch-wirtschaftlichen Betriebsdauer für konventionelle Kraftwerke        einverstanden? Halten Sie eine kürzere oder längere technisch-wirtschaftliche Betriebsdauer für angemessen?

Die Ermittlung der technisch-wirtschaftlichen Betriebsdauer konventioneller Kraftwerke ist gebunden an die Parameter einer FMEA/FMECA (Failure Mode Effect (Criticality) Analysis und LCC – Life Cycle Cost – Berechnung) und den jeweiligen Modernisierungsansätzen der Betreiber. Die Notwendigkeit Energieerzeugung und Energieverteilung näher an den Nutzer zu bringen, wie es die Sektorenkopplung und Regionalisierung erfordern, erfordern einen starken Bottom-Up – Ansatz.

Beides muss in die Berechnung zum Szenariorahmen einfließen. Wir halten die ÜNB und leider auch die BNetzA nicht für kompetent genug, dies zu beachten und umzusetzen.

Es ergibt sich für uns deshalb die Forderung

> die o.a. Berechnungsgrundlagen der Kraftwerksbetreiber transparent zu machen und zu nutzen
> die Modernisierung und Regionalisierung von Kraftwerken im Sinne eines Bottom-Up Ansatzes zu gestalten
> und dies von einer unabhängigen Stelle durchführen zu lassen.

3. Wie beurteilen Sie die Vorschläge der Übertragungsnetzbetreiber hinsichtlich der KWK-fähigen Kleinkraftwerke und KWK-fähigen Gaskraftwerke?

Mittel- und langfristig betrachtet machen nur KWK-fähige Kleinkraftwerke Sinn, wenn sie auf Basis regenerativ erzeugten Gases (P2G) betrieben werden und in einen dezentralen Verbund der VNB eingeordnet werden. Die bereits heute geförderten Mini-BHKW´s sind mit in die Planung einzubeziehen. Hierzu ist es erforderlich, dass eine dezentrale und regionale Planung mit den Fördermaßnahmen auf den Ebenen Bund, Länder und Kommunen abgestimmt wird. Dies ist eine Aufgabe der ÜNB mit einer erheblichen Koordinationsfunktion.

4. Ist die von der Bundesnetzagentur vorgeschlagene Methodik zum Ersatz für aus dem Markt ausscheidende KWK-fähige Kraftwerke angemessen? Mit welchen Power-to-Heat-Technologien soll dieser Ersatz realisiert werden? In welcher Höhe sollten dabei Effizienzsteigerungen im Wärmesektor angenommen werden?

KWK-fähige Kraftwerke müssen mit Blick auf die Dekarbonisierung schnellstmöglich aus dem Verkehr gezogen werden. Hierbei ist zu beachten, dass Wärmebedarf trotzdem gesichert werden kann. Eine hervorragende Möglichkeit wäre der Einsatz von P2G u.a. aus „Abregelstrom“ in der Verwendung in Gaskraftwerken mit P2HSpeichern. Zur Berechnung der Effizienzsteigerung im Wärmesektor empfehlen wir die Berücksichtigung des zukünftigen Energiebedarfs als Anhaltswert eines „Normal-Haushaltes“ von 72% Wärme, 7% Strom, 7% Strom für E-Auto und 14% Energie für anderweitige Mobilität.

Zu „Konventionelle Erzeugung II“ – Fragen der BNetzA:

5. Ist es sinnvoll innerhalb des Szenariorahmens eine Diskussion über die Versorgungssicherheit zu führen? Ist dieses Thema von Relevanz für den Netzausbaubedarf?

Ja! Mit Blick auf die Klimaschutzziele, die Dekarbonisierung als Eckpfeiler eines Zielsystems der Energiewende, ist die Versorgungssicherheit eine Perspektive auf die Energiewende mit dem Anspruch, Strom-, Wärme- und Gasnetz gleichermaßen zu behandeln. Strom auf Basis regenerativer Erzeugung wird mittel- bis langfristig zum Primär-Energieträger, wir sollten heute schon damit rechnen!

6. Teilen Sie die Annahmen der Übertragungsnetzbetreiber insbesondere zu den Verfügbarkeitsquoten der Erneuerbaren Erzeugung, dem Lastmanagementpotential und der Zurückhaltung gegenüber Stromimporten aus dem Ausland?

Die Annahmen der ÜNB zu Versorgungssicherheit, Verfügbarkeit und Lastmanagement können wir nur sehr bedingt teilen. Solange wir nicht von einer

  • Versorgungssicherheit mit Energie,einer
  • Verfügbarkeit von Energie und einem
  • Lastmanagement für Energie

reden, ist ein Szenariorahmen unvollständig.

Und mit Verlaub:

Sowohl die ÜNB als auch die BNetzA sind derzeit nicht annähernd in der Lage, ohne ein Zielsystem der Energiewende, planverwertbare Aussagen über die o.a. Themen zu machen! Ohne einen vernünftigen Ansatz zur Verwendung von Speichertechnik für Strom mit P2G, P2H und Batterien, ist in Zukunft weder Versorgungssicherheit, Verfügbarkeit noch ein sinnvolles Lastmanagement möglich. Diesen Ansatz gilt es in zukünftige Szenariorahmen einzubeziehen.

Zu „Erzeugung von Erneuerbaren Energien“ – Fragen der BNetzA:

7. Halten Sie die von den Übertragungsnetzbetreibern vorgeschlagene Zuordnung des Anteils von Erneuerbaren Energien am Bruttostromverbrauch von 50,5 % (Szenario A 2030) über 54,3 % (Szenario B 2030) bis 54,8 % (Szenario C 2030) für angemessen?

Nein. Eine Zuordnung unter der Prämisse der Sektorenkopplung kommt vmtl. zu anderen Ergebnissen.

8. Halten Sie die von den Übertragungsnetzbetreibern vorgeschlagenen jährlichen Zubauraten (insbesondere die angenommene Realisierungswahrscheinlichkeit der bezuschlagten EE-Anlagen) für angemessen?

Zubauraten, die sich im Betrachtungszeitraum z.B. aus der Anwendung neuer Techniken (Hochbelastbare PV-Zellen als Straßenbelag in Verbindung mit P2G-Speichern und einer Anpassung der Verteilnetze entlang der Verkehrswege-Infrastruktur) erheblich verändern werden, müssen in die Fortschreibung der Szenariorahmen einfließen. Wie durch internationale Patente und europäische Pilotprojekte nachgewiesen, ist hier eine kommerzielle Anwendung möglich und im Betrachtungszeitraum bereits nutzbar.

9. Halten Sie die von den Übertragungsnetzbetreibern angekündigte Fortschreibung der Methode zur Regionalisierung der regenerativen Erzeugung für sinnvoll?

Hier teilen wir die Einschätzung der BNetzA, dass sowohl durch Proteste als auch Probleme im Engagement der Betreiber ein entsprechender Ausbau nicht stattfinden wird.

10. Halten Sie die von den Übertragungsnetzbetreibern vorgeschlagene Vorgehensweise zur Bestimmung des Anlagenrückbaus (Wind Onshore und PV) für sachgerecht? Sind die angenommenen durchschnittlichen Lebensdauern der Anlagen sowie der Zeitverlauf auf Grundlage der Weibull Verteilung realistisch?

Nein. Gerade unter der Annahme, dass viele Anlagen als „Betreibermodell“ mit möglichst hoher Renditeerwartung ohne Ansatz zur Modernisierung aufgestellt werden, ist Rückbau mehr als fraglich. Eine Zusicherung der Betreiber liegt sicherlich nicht vor. Annahmen müssen hier dringend abgesichert werden.

11. Wie beurteilen Sie die Vorgehensweise der Übertragungsnetzbetreiber bei der Prognose von Wind Offshore? Ist die Aufteilung der prognostizierten Leistung Wind Offshore zwischen Nord-und Ostsee sinnvoll?

Die Aufteilung scheint offensichtlich dem Anspruch von Vattenfall zu folgen, nach dem Motto: „Ostsee ist Vattenfall“!

Zu „Stromverbrauch und Jahreshöchstlast“ – Fragen der BNetzA:

12. Wie bewerten Sie die im Entwurf des Szenariorahmens 2019-2030 von den Übertragungsnetzbetreibern vorgeschlagene regionale und sektorspezifische Methodik zur Ermittlung des Stromverbrauchs und dessen Höhe?

Grundsätzlich ist eine Betrachtung Top-Down in der Differenzierung auf Nachfragesektoren sinnvoll. Um jedoch eine Verwechslung mit dem Begriff der Sektorenkopplung zu vermeiden, sollte man den Begriff der„Nachfrageregion“ oder des „Nachfragebereichs“ wählen. Auch eine Rückkopplung Bottom-Up ist ein absolutes MUSS. Hieraus ließen sich Ableitungen zu zentralen und dezentralen Energie- Versorgungseinrichtungen und nicht nur Strom erarbeiten. Jedoch ist es ebenfalls absolut wichtig, die tatsächlichen Sektoren im Sinne der Sektorenkopplung in Verbindung mit den bestehenden Verteilnetzstrukturen abzugleichen.

13. Erachten Sie die Auswahl und die Auswirkungen der unterschiedlichen Treiber je nach Szenario für den Stromverbrauch als angemessen?

Dass die ÜNB diese Treiber bereits benannt haben ist lobenswert, jedoch für die Zukunft sicher nicht ausreichend. So wäre es z.B. wichtig, wenn im Rahmen der Elektromobilität eine Unterscheidung zwischen Batteriebetrieb (zu Hause und beim Arbeitgeber ladbar und mglw. rekuperationsfähig) und Brennstoffzellenbetrieb (ladbar über bestehende Tankstellen-Infrastruktur) erkennbar wären. Dass ebenfalls ein Treiber die Gleichstromversorgung zur Schnellladefähigkeit zu berücksichtigen sein wird ist sicherlich genauso wichtig. Ferner müssen Straßen, die als Strom-/Energiequelle nutzbar sind (weiter vorn angesprochen) als Treiber der Energiewende einbezogen werden.

14. Erachten Sie die Auswahl und die Auswirkungen der unterschiedlichen Energieeffizienzfaktoren je nach Szenario für den Stromverbrauch als angemessen?

Die Energieeffizienzfaktoren sind sicherlich hilfreich und sinnvoll, sofern das entsprechende Rechenmodell eine transparente und nachvollziehbare Wertung und Wichtung zulässt.

15. Wie bewerten Sie die im Entwurf des Szenariorahmens 2019-2030 von den Übertragungs-netzbetreibern vorgeschlagene Methodik zur Ermittlung der Jahreshöchstlast und deren Höhe? Ist der Einfluss der zunehmenden Sektorenkopplung (insbesondere der deutliche Anstieg von E-Mobilität und Wärmepumpen) angemessen berücksichtigt?

Mit Verweis auf das weiter vorn Beschriebene zu Klimaschutz, Dekarbonisierung und Nutzung regenerativer Energien, wird Strom den Stellenwert eines Primär-Energieträgers einnehmen. Insofern ist davon auszugehen, dass die Energieversorgung der Zukunft auf regenerativ erzeugtem Strom basiert. Dies bedeutet allerdings nicht, dass ein Vielfaches an Strom-Übertragungsnetzen benötigt wird! Vielmehr ist eine sinnvolle und aufeinander aufbauende Nutzung von Strom- Wärme- und Gasnetzen erforderlich. Übertragungsnetze in der herkömmlichen Betrachtung haben somit ausgedient und gehören zu den Dinos der Stromwirtschaft!

Zu „Sektorenkopplung und Flexibilität“ – Fragen der BNetzA:

16. Inwieweit halten Sie die von den Übertragungsnetzbetreibern vorgeschlagenen Flexibilitätsoptionen dem Grunde und der Höhe nach für realistisch? Sollte das von den Übertragungsnetzbetreibern dargestellte Flexibilitätspotenzial je nach Region unterschiedlich abgebildet werden?

Die vorgeschlagenen Flexibilitätsoptionen sind im Grunde realistisch, jedoch in der Höhe nicht nachvollziehbar. Wie weiter vorn beschrieben, werden wir in Zukunft knapp 75% der erzeugten Primär-Energie aus Strom für Wärme, zu 7% für Strom und zu 18% für Mobilität aufwenden. Im Ergebnis bedeutet dies, dass Wärmespeicher dicht am Verbraucher und Stromspeicher dicht am Erzeuger installiert sein müssen. Dies gilt es in zukünftigen Szenariorahmen zu berücksichtigen.

17.Wie beurteilen Sie den von den Übertragungsnetzbetreibern vorgeschlagenen Gleichzeitigkeits-faktor des Strombezugs im Rahmen der Elektromobilität und der Wärmeversorgung privater Haushalte?

Aus Sicht eines ÜNB ist es sicherlich wünschenswert, wenn man auf Basis eines Gleichzeitigkeits-faktors ein extremes Mehr an Leitungen fordern kann. Unsere Erfahrungen jedoch mit dem Einsatz und der Nutzung von batteriebetriebenen (im Gegensatz zu Brennstoffzellenbetriebenen Elektrofahrzeugen) ist anders. Bei Arbeitnehmern in Unternehmen mit Ladestruktur erfolgt eine Langzeit-Ladung über den Arbeitstag und eine Langzeit-Ladung über Nacht zu Hause. Schnellladungen auf Gleichstrom- und/oder Wechselstrombasis sind beim Einkauf und Stadtbesuch an Tankstellen und Einkaufszentren notwendig. In einigen Fällen ist jedoch auch zu Hause eine Schnellladung nötig. Da Schnellladefähigkeit jedoch ausschließlich über die Gleichstromversorgung erfolgt, die hausinterne Infrastruktur jedoch nur mit Wechselstrom (Drehstrom, 3x63A im Regelfall) möglich ist, ist eine Verstärkung er hausinternen Stromleitungsfunktion erforderlich. Diesem Anspruch müssen die Verteilnetze folgen, nicht die Übertragungsnetze!

18. Sind die von den Übertragungsnetzbetreibern dargestellten Betrachtungen zu Power-to-X Anlagen dem Grunde und der Höhe nach angemessen?

Nein! Wie vorn beschrieben müssen P2H-Systeme dicht am Verbraucher installiert sein, P2G-Anlagen, wasserstoff- oder methanbasiert am Erzeuger mit Einspeisung ins Gasnetz. Will man die Schnelllade-/Tankfähigkeit von Brennstoffzellen-betriebenen Elektrofahrzeugen durch die bestehende Tankstelleninfrastruktur abdecken, ist eine Kopplung mit dem Gasnetz erforderlich, was nur indirekt etwas mit den Übertragungsnetzen zu tun hat.

Zu „Batteriespeicher“ – Fragen der BNetzA:

19. Inwieweit halten Sie die von den Übertragungsnetzbetreibern vorgeschlagenen PV-Speicher dem Grunde und der Höhe nach für realistisch?

Nein! Dem Grunde nach gibt es Batteriespeicher für den „Hausgebrauch“ sowohl für die hauseigenen PV-Speicher aber auch für die hauseigenen Mini-BHKW´s. Diese werden derzeit gefördert und erheblich beworben. Nachdem die Mini-BHKW´s auch mit P2G zur Wärme und Stromproduktion beitragen, ist hier eine Kopplung der Sektoren Wärme und Strom gegeben. Dies muß in die Rechnung der ÜNB einfließen und hat Auswirkungen auf die Verteilnetzbetreiber.

20. Sind die von der Bundesnetzagentur dargestellten Betrachtungen des BVES zu PV-Speichern und Großbatteriespeichern (> 1 MW) dem Grunde und der Höhe nach angemessen?

JEIN! Die ausschließliche Betrachtung auf große Batteriespeicher vernachlässigt die bereits hocheffizienten und industriell verfügbaren Elektrolyseur-Anlagen. Diese sind zwingend mit in die Rechnung aufzunehmen, genauso wie die industriell verfügbaren Methaniseure, die unabhängig von Bio-Gas-Anlagen arbeiten.

Zu „Klimaschutzziele“ – Fragen der BNetzA:

21. Wie beurteilen Sie die CO2-Berechnungen der Übertragungsnetzbetreiber/des Umweltbundesamts und der Bundesnetzagentur auf der Grundlage der Vorgabe des Klimaschutzplans 2050?

Unabhängig von den politischen Konstellationen (GroKo lässt grüßen), und dem Verständnis, dass die ÜNB weniger dem Allgemeinwohl sondern eher ihren Stakeholdern verpflichtet sind, ist der Klimaschutz die Herausforderung der Zukunft. Wir sind es unseren nachfolgenden Generationen schuldig, entsprechend sorgfältig und nachhaltig mit diesem Thema umzugehen. Dies bedeutet im vorliegenden Fall, dass eine Energiewende mit dem Ziel der Nutzung regenerativer Energien schnellstmöglich erfolgen muss. Die Energiewende ist somit ein gesamtstaatliches Projekt, dem sich auch Bundesoberbehörden, ÜNB und VNB unterzuordnen haben. Ein Zielsystem der Energiewende ist damit unerlässlich zur Beschreibung von Prozessen und Projekten. Hier herrscht u.E. extremer Nachholbedarf. Die Erarbeitung eines Zielsystems der Energiewende auf Basis des Zahlenwerks der CO2-Ziele und der Ableitung von integrierten Projekten hierzu, ist Aufgabe einer Kommission des Gemeinwohls und nicht Aufgabe der Übertragungsnetzbetreiber!

22. Ist die verbindliche Vorgabe eines CO2-Ziels sinnvoll? Ist die Vorgabe entsprechender Instrumente, die in der Marktmodellierung zur Erreichung des CO2-Ziels unterstellt werden sollen, sinnvoll?

 Ja! Kein Zielsystem ohne Ziel!

23. Welche der von den Übertragungsnetzbetreibern vorgestellten Ansätze für die Modellierung der nationalen CO2-Klimaschutzziele halten Sie für realistisch?

Die Herausnahme von emissionsintensiven Kraftwerken ist sicherlich der erste und unmittelbar wirkende Ansatz. Zeitgleich muss jedoch die Erneuerung z.B. in der Nutzung regenerativer Energien als PV-Straßenbelag mit den entsprechenden Netzstrukturen stattfinden.

Zu „Europäischer Kraftwerkspark und Europäischer Handel“ – Fragen der BNetzA:

24. Halten Sie die von den Übertragungsnetzbetreibern vorgeschlagene Zuordnung sämtlicher nationalen Szenarien zu einem einzigen europäischen Szenario für angemessen?

Dieses Vorgehen wird vorrangig den ÜNB und deren Stakeholdern nützen! Auch hier gilt, dass eine Kommission, die dem Allgemeinwohl verpflichtet ist, mit der Erarbeitung eines europäischen Zielsystems der Energiewende beauftragt werden muss. Alle nationalen Zielsysteme sind Bestandteil. Dies kann und darf nicht die Aufgabe der ÜNB sein!

25. Erachten Sie die von den Übertragungsnetzbetreibern angesetzten Werte für die Übertragungskapazitäten der Anrainerstaaten mit Deutschland als angemessen?

Nein! Es müssen Strom- Wärme- und Gasnetze auf Basis regenerativer Energien erkennbar zusammengeführt und dargestellt werden.

Zu „Sensitivitäten“ – Frage der BNetzA:

26. Werden Sensitivitätsberechnungen für den Netzentwicklungsplan 2019-2030 als sinnvoll erachtet?

Die Nutzung bestimmter Parameter zur Durchführung von Sensitivitätsberechnungen ist sicherlich sinnvoll, bedarf jedoch einer erheblichen Abstimmung, um eine Transparenz in Simulation und Modellbildung zu gewährleisten. Im Rahmen einer Methodenkonferenz der BNetzA sollte jedoch hierzu eine Handlungsgrundlage geschaffen werden können.

GZ / MQ