Einspruch gegen die Verabschiedung demokratiefeindlicher Gesetze!
Im Windschatten der Corona-Krise und von der Öffentlichkeit weitestgehend unbemerkt, steht im Bundestag die Verabschiedung des Planungssicherstellungsgesetzes unmittelbar bevor, um Planungs- und Genehmigungsverfahren großer Infrastrukturprojekte trotz bestehender Beschleunigungsgesetze künftig noch schneller voranzutreiben. In dieser besonderen Krisensituation versuchen die Bundesregierung und die zuständigen Behörden durch Macht- und Rechtsmissbrauch die Protestbewegungen zu vielen umstrittenen Verfahren (z.B. Netzausbau) mit der Einschränkung von Bürgerbeteiligung über Jahre hinweg zum Schweigen zu bringen.
Das Planungssicherstellungsgesetz (PlanSiG) gefährdet den Rechtsstaat und verletzt lang erkämpfte Grundrechte
Mit dem Netzausbaubeschleunigungsgesetz (NABEG) und dem Bundesbedarfsplangesetz (BBPlG) wurde vor Jahren die gesetzliche Grundlage geschaffen, um den Ausbau des Stromübertragungsnetzes zu beschleunigen. Obwohl seither der Netzentwicklungsplan/Strom zunehmend den Interessen der Industrie- und Energiekonzerne bzw. der Übertragungsnetzbetreiber angepasst wurde (Stromhandel vor Versorgungssicherheit), waren die Verfahren zu Ausbau bzw. Ertüchtigung des Stromnetzes an klare Regeln zur Gewährleistung einer umfassenden Öffentlichkeitsbeteiligung gebunden. Spätestens in den Planfeststellungsverfahren wurde betroffenen Bürgern, Umweltverbänden, Städten und Kommunen ein Klagerecht eingeräumt. Doch nun wird an den Grundfesten des Rechtsstaates gerüttelt.
Während die Corona-Pandemie alle Bereiche des öffentlichen Lebens nach wie vor fest im Griff hat, wird die für alle sehr belastende Krisensituation konsequent ausgenutzt, um Gesetze weitreichend und ohne entsprechende Rechtsgrundlage zu ändern. Das neue Planungssicherstellungsgesetz (PlanSiG) lässt in erschreckendem Maße erkennen, wohin die Reise gehen soll. Unter dem heuchlerischen Vorwand, dieses Gesetz sei zur Sicherstellung von ordnungsgemäßen Planungs- und Genehmigungsverfahren nötig, werden neben rechtsstaatlichen Grundsätzen lang erkämpfte Bürgerrechte eliminiert.
Bundestag segnet im Eiltempo die bewusste Verletzung von Verfahrensvorschriften ab
Das PlanSiG soll Anwendung für alle Verfahren (auch laufende Netzausbauverfahren) finden, die immerhin durch 22(!) bestehende Gesetze geregelt sind. Die Öffentlichkeit und vor allem die Umweltverbände werden dabei in ihrer prüfenden Funktion ausgeschaltet. Die bevorstehende „schnelle“ Verabschiedung eines dermaßen in Bürgerrechte einschneidenden Gesetzes führt zu einem berechtigten Aufschrei in der Bevölkerung. Wir protestieren auf das Schärfste gegen vorgesehene Maßnahmen wie die willkürliche Festlegung eines vorläufigen Untersuchungsrahmens zur Trassenführung, den Verzicht auf umfassende Umweltverträglichkeitsprüfungen bis hin zur Abschaffung von Klagemöglichkeiten und stellen die Rechtmäßigkeit des PlanSiG infrage. Dieses aus unserer Sicht verfassungswidrige Handeln gefährdet zunehmend den gesellschaftlichen Frieden.
Der Unmut über diese staatliche Bevormundung wächst, denn Verfahrensvorschriften, die in den letzten 40 Jahren unter dem Motto „Mehr Demokratie wagen“ geschaffen wurden und entsprechende Gesetze werden jetzt negiert. Die Anträge vieler Initiativen auf Aussetzung der laufenden Verfahren wurden von der Bundesnetzagentur lapidar abgelehnt und so laufen die Planungen trotz fehlender Rechtsgrundlage einfach weiter. Höherrangige Rechtsvorschriften und Europarecht werden wissentlich missachtet, um den Bau der Höchstspannungsleitungen weiter zu beschleunigen. Betroffene Grundstücksbesitzer und Gemeinden müssen ohne Rechtsschutz Voruntersuchungen und Bohrungen zu Bodenbeschaffenheit und Grundwasserverhältnissen in unverhältnismäßigem Ausmaß erdulden. Mit diesen teilweise gravierenden Eingriffen werden ungeachtet bestehender Naturschutzgesetze Tatsachen vorab jeglicher gesetzes- bzw. verfassungskonformen Entscheidung und ohne Umweltverträglichkeitsprüfung geschaffen. Spätere Einspruchsmöglichkeiten werden ohne Wirkung bleiben.
Klimaschutz und Energiewende bleiben auf der Strecke
Während sich die Energieminister der Länder zunehmend zu Handlangern des Bundeswirtschaftsministers degradieren lassen und sämtliche Bedenken der vor Ort betroffenen Gemeinden und Kommunen aber auch der regionalen Energieversorger ausblenden, wird immer deutlicher, dass HGÜ-Leitungen als grenzüberschreitende Verlängerungskabel für den Stromhandel hauptsächlich den eigennützigen Interessen von Großindustrie und Wirtschaft (ihrerseits vielfach von Netzentgelten und EEG-Umlage befreit) geschuldet sind. Es gibt keinen „Netzausbau für die Energiewende“. Dieses von ÜNB und BNetzA und von Teilen der politischen Entscheidungsträgern verbreitete Mantra wird spätestens dann ad absurdum geführt, wenn man bedenkt, dass der regionale Ausbau von Solar- und Windenergieanlagen durch politische Vorgaben immer weiter ins Stocken gerät. Woher soll der „grüne Strom“ kommen der durch SuedLink, Südostlink, Ultranet und Co. angeblich fließen soll, solange auch im europäischen Ausland keine zeitnahe Abkehr von Kohle- und Atomstromerzeugung erkennbar ist?!
Zahlreiche Studien und namhafte Energieexperten zeigen sinnvolle (und kostengünstigere) Alternativen auf, wie Energiewende und Klimaschutz effektiv umgesetzt werden können. Auch in Krisenzeiten muss man Entscheidungen der Politik hinterfragen – vor allem dann, wenn lang erkämpfte Bürgerrechte gefährdet scheinen.