„Trotz des erheblichen Einsatzes von Personal und Finanzmitteln erreicht Deutschland die Ziele bei der Umsetzung der Energiewende bisher überwiegend nicht.“ Obwohl der Bundesrechnungshof das Bundeswirtschaftsministerium seit Jahren regelmäßig für die mangelhafte Umsetzung der Energiewende scharf kritisiert, weist Wirtschaftsminister Altmaier alle Vorwürfe von sich. Doch gerade die aktuellen Entscheidungen im Ministerium zeigen deutlich, dass es nach wie vor keine sinnvolle Konzeption für eine sichere und gleichzeitig bezahlbare regenerative Energieversorgung in Deutschland gibt. Daran werden weder die aktuellen Pläne zum Kohleausstieg, noch die beabsichtigte Beschleunigung des Stromnetzausbaus etwas ändern.
Auf der Strecke bleiben betroffene Gemeinden und Kommunen, Bürgerinnen und Bürger, deren Mitspracherecht und Beteiligungsmöglichkeiten an künftigen Planungsverfahren per Gesetz massiv eingeschränkt werden sollen.
Aktionsplan Netzausbaubeschleunigung
Aktionsplan Stromnetz, Netzreise, Bürgergespräche – es besteht kein Zweifel daran, dass Minister Altmaier alle Bedenken, Einwände und Beteiligungen am Planungsprozess einer Dampfwalze gleich plattmachen und dies auch gesetzlich verankern will. Der vom BMWi finanzierte „Bürgerdialog Stromnetz“ wird als Instrument der Meinungsmanipulation genutzt. Die Behauptung, 78% der Bevölkerung würden sich für den Stromnetzausbau aussprechen und auch die Akzeptanz bei direkt Betroffenen sei inzwischen gestiegen, lässt sich anhand unserer eigenen Erfahrungen im Bürgergespräch nicht nachvollziehen. Netzausbau-Gespräche, wie letztens in Berlin unter der Moderation von Dr. Peter Ahmels (Leiter Bürgerdialog Stromnetz und bis Ende 2018 Leiter für Energie und Klimaschutz bei der Deutschen Umwelthilfe), geraten zur Farce. Wenn sich die Redebeiträge der aus der ganzen Republik angereisten Bürgerinitiativen auf wenige Minuten beschränken, kann dies nicht als Erfolg des Bürgerdialoges bezeichnet werden. Die Stromautobahnen SuedLink, SüdOstLink und Ultranet bleiben weiterhin höchst strittige Netzprojekte und werden von massivem Bürgerprotest begleitet. Über den Plan, die Gesetzeslage nun soweit zu verändern, dass Bürger und Kommunen mundtot gemacht werden, freuen sich Energiekonzerne und Übertragungsnetzbetreiber gleichermaßen – mit Klimaschutz und Energiewende hat dies nicht das Geringste zu tun. Daher wird Minister Altmaier auch bei seinem nächsten öffentlichen Auftritt am 08. Februar in Niedernhausen (Ultranet) eisiger Protest-Wind entgegenschlagen.
SuedLink Planungen gehen in die nächste Runde
Bei der ersten Anhörung im Bundestag zur Netzausbaubeschleunigung am 31.01.2019 war Ralph Lenkert (die LINKE / Quelle“Deutscher Bundestag“) einer der wenigen, die sich nach wie vor kritisch mit dem überdimensionierten Ausbau der Übertragungsnetze auseinandersetzen. In seiner Rede spricht er genau die Punkte an, die letztendlich für das Gelingen der Energiewende ausschlaggebend sind. Die Weiterentwicklung und Integration von Speichertechnologien in den Energiekreislauf bleiben dabei die zentralen Bausteine einer zukunftsweisenden regenerativen Energieversorgung.
Minister Altmaier konzentriert sich derweil auf eine Beschleunigung des Energieleitungsausbaus, also auf den schnellen Bau von Stromleitungen. In seinen Plänen kann dabei künftig auch auf eine Bundesfachplanung verzichtet werden. Unter dem Vorwand vorausschauender Planung können dafür Leerrohre für eine spätere Erweiterung der Übertragungskapazitäten gelegt werden. Ein vorzeitiger Baubeginn ist noch vor der endgültigen Planfeststellung möglich. Dadurch eröffnen sich erneut lukrative Geschäfte für Übertragungsnetzbetreiber, deren Wunschliste an neuen Höchstspannungsleitungen stetig anwächst. Da bekanntermaßen auch die Bedarfsermittlung und die Erstellung der Netzentwicklungspläne in ihrer Verantwortung liegen, lässt sich erahnen, wohin die Reise gehen wird.
Passend zum Thema informiert Übertragungsnetzbetreiber TenneT aktuell Kommunen und Landkreise (aber auch bei einem Bürgerinitiativen-Gespräch am 22.02.2019 in Kassel) über die zentralen Ergebnisse der erstellten SuedLink-Planungsunterlagen nach §8 NABEG (Netzausbaubeschleunigungsgesetz), um sie dann bei der Bundesnetzagentur einzureichen. Dies bedeutet, dass es erneut die Möglichkeit der Beteiligung (durch Stellungnahmen) für alle vom Netzausbau Betroffenen geben wird. Man ist versucht zu sagen – noch gibt es die Möglichkeit.
Damit Minister Altmaiers Pläne nicht zum Alptraum für die Energiewende werden, haben unsere Vernetzungspartner BUND und SFV bereits Ende letzten Jahres eine Verfassungsklage eingereicht.