Pressemitteilung zur Mitgliederversammlung am 04.06.2016

(04.06.2016) Heiße Diskussionen und erschreckende Einblicke in den Alltag von Betroffenen, prägten die Mitgliederversammlung des Bundesverbandes der Bürgerinitiativen gegen SuedLink am vergangenen Samstag in Burghaun, zu der neben Bürgerinitiativen aus vier Bundesländern auch Matthias Otte (Abteilungsleiter Netzausbau bei der Bundesnetzagentur in Bonn) angereist war, um sich in der vollbesetzten Gaststätte „Alt Burghaun“ den Fragen der Verbandsmitglieder zum aktuellen Stand der SuedLink-Planungen zu stellen.

Schon kurz nach der Begrüßung und während des Vortrages von Herrn Otte über Netzausbau, Erneuerbare Energien und Richtlinien der gesetzlich beschlossenen Erdkabel-Methodik bei Gleichstromtrassen (z.B. SuedLink), schossen die ersten Hände in die Höhe und es entwickelte sich eine anregende Diskussionsrunde. „Als Bundesoberbehörde sind wir an gesetzliche Vorgaben gebunden“, versuchte Herr Otte zu verdeutlichen und stieß damit auf direkten Einspruch des Bundesverbandsvorsitzenden Guntram Ziepel: „Hätte es den Bürgerprotest nicht gegeben, würden wir heute immer noch über Freileitungen reden. Gesetze können geändert werden und daher steht auch Ihre Behörde in der Verpflichtung die konsequente Umsetzung des Zielsystems der Energiewende im Zusammenhang mit Netzausbau nicht aus den Augen zu verlieren.“ Die Bürgerinitiativen sind nach wie vor überzeugt, dass der SuedLink nicht für die Energiewende, sondern vorrangig für den Stromhandel gebaut werden soll. Das Festhalten an klimaschädlichen Kohlekraftwerken für die Netzstabilität wird hier ebenso verurteilt wie die Novellierung des EEG. Ein Aus für die Bürgerenergiewende wird befürchtet und das Erreichen der Klimaziele durch diese verfehlte Energiepolitik infrage gestellt.

Der Gesprächsbedarf war groß und so wurde Vieles, von Netzstabilität  im Zusammenhang mit den neu beschlossenen begrenzten Ausbaukapazitäten für Windkraft, über Speicher und die Definition von Strombedarf im Sinne von Verbrauch und Erzeugung, bis hin zu den Kopernikus-Förderprojekten-Energiewende, thematisiert. Herr Otte warb für die weitere Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger – zusätzlich auch jederzeit außerhalb der Konsultationsverfahren – und bewertete dies als hilfreich für die Arbeit der Bundesnetzagentur. Stellungnahmen bzw. Einwände im Vorfeld der anstehenden Antragskonferenzen für SuedLink könnten so in die weitere Planung einfließen, wie zuletzt auch bei der Erstellung des „Methodenpapiers zur Erdverkabelung“ geschehen.

Doch den Höhepunkt der Veranstaltung bildete der Vortrag der Interessensgemeinschaft Bergrheinfeld gegen SuedLink. Unterstützt durch (leider im negativen Sinn) beeindruckende Bilder, konnte Norbert Kolb vom Bauernverband Bergrheinfeld einen umfassenden Situationsbericht der Region um das stillgelegte Kernkraftwerk Grafenrheinfeld geben. Ca. 150 Strommasten aller Spannungsebenen durchqueren die Gemeinde und auch zwei Umspannwerke mit einem Flächenverbrauch von ca. 31 ha belasten bereits jetzt die Gemarkung Bergrheinfeld. Inzwischen hat Übertragungsnetzbetreiber TenneT, von der Öffentlichkeit größtenteils unbemerkt, weitere Flächen aufgekauft und versucht anscheinend im Vorfeld Fakten für den möglichen Bau einer für den SuedLink benötigten Konverter-Station zu schaffen. Doch nicht nur SuedLink, auch die geplanten 380 kV Trassen P43 und P44, sowie die Weiterführung der Thüringer Strombrücke werden Bergrheinfeld belasten. „Nie haben wir geklagt, man hat in der Vergangenheit versucht sich zu arrangieren, doch was zu viel ist, ist zu viel!“, erläuterte Norbert Kolb, „angeblich sind noch keine Entscheidungen getroffen und man beteuert, mit den Bürgern geeignete Lösungen finden zu wollen, aber die TenneT-Aktivitäten sprechen eine andere Sprache! Hier wird keiner mehr gefragt, hier sind schon Tatsachen geschaffen worden, das macht betroffen und ärgerlich und darüber sollte auch die Bundesnetzagentur Bescheid wissen!“

Über die unterschiedlichsten Erfahrungen im Zusammenhang mit Bürgerbeteiligung konnte auch der BBgS Vorstand bei der anschließenden Terminbesprechung berichten. Nach reichlicher Kritik über Veranstaltungsformate der Vergangenheit, wurde in vielen Gesprächen die Neuausrichtung der Zusammenarbeit bei allen Verantwortlichen eingefordert. Ob mit Übertragungsnetzbetreiber TenneT, Bürgerdialog Stromnetz, oder Politik, es wird darauf geachtet werden, dass den Versprechungen auch Taten folgen. Die Objektivität in der Themenaufarbeitung muss gewährleistet werden, denn immer öfter wird auch von Experten die Notwendigkeit des SuedLink angezweifelt. Die Forderung nach einem Szenariorahmen ohne HGÜ-Leitungen ist hier genauso legitim, wie die Aufforderung zu einer verstärkten Förderung von Speichertechnologien durch das Bundeswirtschaftsministerium.

Daher das klare Fazit des Bundesverbandes der Bürgerinitiativen gegen SuedLink: Wachsam bleiben und Mitspracherecht einfordern! Beteiligungsmöglichkeiten wahrnehmen und darauf achten, dass die vielen Stellungnahmen, die bereits im Vorfeld der ersten SuedLink-Planungen (damals noch als Freileitung) abgegeben wurden, im weiteren Verfahren ebenso berücksichtigt werden wie die neu zu ermittelnden Raumwiderstände bzgl. Bodenschutz.

Ein Netzausbau der nicht den Menschen, sondern den wirtschaftlichen Interessen der großen Energiekonzerne und den Übertragungsnetzbetreibern dient, wird weiterhin auf Ablehnung und massiven Widerstand in der Bevölkerung stoßen, darüber waren sich alle Bürgerinitiativen einig.