Jahresrückblick und Ausblick auf 2017 – Termin bei BNetzA

(16.12.2016) Ein wichtiges Element der Verbandsarbeit ist für uns der regelmäßige Kontakt zur Bundesnetzagentur. Um das Jahr 2016 mit den aktuellsten Informationen zur Stromnetzplanung abzuschließen, fand Mitte Dezember ein Treffen mit dem für den Netzausbau zuständigen Abteilungsleiter Matthias Otte und Dipl. Ing. Tobias Brandt, statt.

Folgende Gesprächs- und Diskussionspunkte waren uns wichtig:

  • Ergebnisse aus dem Beteiligungsverfahren zur Trassenkorridorfindung mit WebGis
  • Euroforum, Ausblick auf das Stromnetz der Zukunft, Expertentagung in Frankfurt
  • Umweltbundesamt – Fragebogen zur Beschleunigung von Netzausbauverfahren, Stellung der BNetzA
  • Methodenkonferenz Ende Januar
  • SuedLink 3.0 = Verteilnetz mit Übertragungsnetzfunktion, Gleichstrom auch für niedrige Spannungsebenen denkbar
  • Energieagenturen auf Bundes- und Länderebene
  • Neue Arbeitsplätze durch Verknüpfung aller Energiesektoren
  • Ausblick auf die Zusammenarbeit 2017

Natürlich kennt man bei der Bundesnetzagentur unsere ablehnende Haltung zu SuedLink. Denn obwohl uns durch den massiven Bürgerprotest und unsere unermüdlichen Bemühungen gegen einen überdimensionierten Stromnetzausbau nun von Seiten des Gesetzgebers die Möglichkeit der Erdverkabelung für HGÜ-Stromautobahnen eröffnet wurde, ist dies nach wie vor keine zufriedenstellende Lösung für die zukünftige Energienetzplanung in Deutschland.

Bereits heute ist es unumgänglich, sich mit alternativen Möglichkeiten und Lösungsansätzen  auseinanderzusetzen, denn die Energieversorgung der Zukunft wird sich in allen Bereichen – auch im Wärme- (Heizung) und Mobilitätssektor – vermehrt elektrifizieren. Dies kann nicht automatisch mit einem ständigen Aus- und Zubau von Stromleitungen gleichgesetzt werden. Die negativen Umweltauswirkungen und die zusätzlichen Belastungen für die Bevölkerung  wären nicht hinnehmbar und erfordern schnellstmöglich ein Umdenken in Politik, Verwaltung, Wirtschaft, Wissenschaft und Gesellschaft.

Inzwischen drängen nämlich neue Technologien auf den Markt und ermöglichen alternative und vielversprechende Energieversorgungskonzepte, sodass eine sichere Energieversorgung für alle gewährleistet und auch künftig bezahlbar bleibt.  Nun gilt es u.a. durch Sektorenkopplung und Energiespeicherung im Sinne der Integration von Power-to-X-Technologien effektive und effiziente Lösungen aufzuzeigen.

Während die Verantwortung für eine schnellstmögliche Umsetzung von Energiewende, Klima- und Umweltschutz in den Händen der zuständigen Ministerien liegt, müssen wir uns die Frage stellen, was wir wollen und was wir bereit sind dafür zu tun.

Wie Übertragungsnetzbetreiber TenneT mitteilte, wurden im WebGis-Beteiligungsverfahren über 7.000 Hinweise zu Raumwiderständen bei Erdverkabelung des SuedLink abgegeben. Die zahlreichen Infoforen im Vorfeld der Antragserstellung waren im Ergebnis letztendlich reine Werbeveranstaltungen.  Man wollte die Öffentlichkeit von der Notwendigkeit des SuedLink überzeugen, Alternativen waren hier nicht das Thema.

Besonders auffällig ist der konsequente Verweis in allen Präsentationen und Flyern, den SuedLink als Hauptschlagader der Energiewende zu bezeichnen. Ein Werbeslogan, der an Unehrlichkeit und Intransparenz kaum zu überbieten ist und einen konstruktiven Austausch über ein Energiekonzept der Zukunft fast unmöglich macht.

Kritikpunkt bleibt weiterhin die Ungenauigkeit und Unverbindlichkeit der Antworten auf die Hinweise aus der Bevölkerung. Man wird mit Standardkommentaren abgespeist und kann nicht erkennen, ob der geleistete Aufwand  für weitere Entscheidungen tatsächlich relevant sein wird.

In diesem Zusammenhang war die Teilnahme des Bundesverbandsvorsitzenden Guntram Ziepel an der Euroforum Expertentagung in Frankfurt zwingend erforderlich, denn immer wenn neue Denkansätze erlaubt sind, wird deutlich, dass SuedLink oder auch andere Megastromleitungen nicht die Lösung für die Energieversorgung der Zukunft sein können. Speichertechnologien entwickeln sich rasant und durch die neuen Halbleitertechniken ist auch der Blick auf eine Systemumstellung von Wechselstrom hin zu Gleichstrom – und dies bereits auf Verteilnetzebene – nicht utopisch. Neue Bohrtechniken ermöglichen minimalinvasive Erdkabelverlegung und lösen die dringendsten Probleme für Land- und Forstwirtschaft durch geringe Umwelteingriffe und hohe Verlege-Genauigkeit. (Ausführlicher Bericht über das Euroforum folgt in Kürze)

Eine verantwortungsvolle Energie- und Klimapolitik wird durch effektives Projekt- und Prozessmanagement zu Wirtschaftswachstum führen, wird bestehende Arbeitsplätze sichern und neue Arbeitsplätze schaffen. Die Bürgerinitiativen haben sich in den letzten Jahren ein erhebliches Wissen angeeignet um konstruktive Bürgerbeteiligung wahrnehmen zu können und zeichnen sich durch immer weiter steigende Kompetenz in allen Bereichen der Energiepolitik aus. Diese Kenntnisse werden selbstverständlich an neue Betroffene weitergegeben. Somit wird eine angestrebte Beschleunigung bei Genehmigungsverfahren in der Stromnetzplanung künftig nur dann akzeptiert werden, wenn eine transparente und nachvollziehbare Bedarfsermittlung stattgefunden hat.

Der Dialog mit der Öffentlichkeit erfordert auch bei der Bundesnetzagentur eine Aufstockung mit fachlich versierten und geschulten Mitarbeitern. Nur so kann für die Bundesfachplanung und die damit verbundenen Antragskonferenzen eine korrekte Durchführung gewährleistet werden.

Mit Blick auf die Sektorenkopplung muss sich der Aufgabenbereich der Bundesnetzagentur auf die Organisation und Koordination der Energiesektoren Wind/P2G-Gas-Strom erweitern, damit die Behörde in der Funktion einer Gesamt-Energieagentur handeln kann. Mittelfristig ist dabei auch die Einrichtung von Länder-Energieagenturen vorstellbar, deren effektive Zusammenarbeit ebenfalls von der Bundesnetzagentur (dann Bundesenergieagentur) zu steuern wäre.

Durch den Erdkabelvorrang haben sich die Planungsprämissen für die Bundesfachplanung grundlegend geändert. Bereits Ende Januar wird das überarbeitete und bis dahin erneut veröffentlichte Positionspapier zur Erdkabel-Methodik im Rahmen der Methodenkonferenz erläutert und diskutiert. Die Bundesnetzagentur war bemüht,  Hinweise und Forderungen aus den Konsultationen in eine optimierte Version einzubinden und somit der Erwartungshaltung an eine gewissenhafte Stromtrassen-Planung gerecht zu werden.

Der Bundesverband der Bürgerinitiativen gegen SuedLink wird auch in 2017 bemüht sein, die Anforderungen an eine sinnvolle Stromnetzplanung mit der Bundesnetzagentur zu diskutieren. Dabei wird der Blick auf neue Szenariorahmen und Netzentwicklungspläne zu richten sein, deren Erstellung nur im Sinne von Klima- und Umweltschutz erfolgen kann und durch ein schlüssiges Energiekonzept abgesichert wird. Die Versorgungssicherheit mit Energie ist in einer industrialisierten Welt als Grundrecht anzusehen und bedarf der beständigen, neutralen und unabhängigen Kontrolle. Ein verantwortungsvolles Management bedeutet auch Rechenschaft ablegen zu müssen und für Konsequenzen aus Fehlplanungen einzustehen. Dies vermissen wir zurzeit in der Diskussion um die HGÜ-Trassen.

Der Widerstand gegen SuedLink und die Suche nach Alternativen für eine überzeugende Energiewende geht weiter, die Bundesnetzagentur (als Bundesenergieagentur) könnte dabei eine Schlüsselrolle einnehmen.